Sohlstabilisierung in Bockum-Krefeld

Hülskens Wasserbau-Projekt im Rhein sorgt für sichere Binnenschifffahrt

Bürgermeister Heyde eröffnet Hülskens Reit- und Wanderweg

Jeden Tag gibt es auf dem Rhein zwischen Duisburg und den ARA-Häfen (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) viele tausend Schiffsbewegungen. Doch es ginge noch mehr, bzw. laut Landespolitik soll auch künftig mehr gehen. Denn der Transport von Gütern auf Wasserstraßen ist im Vergleich zu Straße und Schiene nachhaltiger, Ressourcen schonender und wirtschaftlicher. Um Strassen und die LKW-Verkehrssituation zwischen dem Ruhrgebiet und stromaufwärts gelegener Industrie bzw. Verbrauchern zu entlasten, wird das Flussbett für Binnenschiffe derzeit bei Bockum-Krefeld reguliert. NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer machte sich vor Ort ein Bild und zeigte sich beeindruckt von diesem einzigartigen Infrastrukturprojekt. „Der Rhein ist eine Lebensader der deutschen Wirtschaft und sehr wichtig für die Erreichung der Klimaziele und die Entlastung der Straßen vom Schwerlastverkehr. Dafür wird eine zuverlässige Wasserstraßen-Infrastruktur benötigt.“

„Insgesamt werden hier während des Projekts etwa 1 Mio. Tonnen Material bewegt“, erklärt der Vizepräsident der GDWS · Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Dirk Schwardmann. „Die Sohlstabilisierung ist eine wichtige und vor allem nachhaltige Maßnahme. Diese drohende Erosion hätte schwerwiegende Folgen für die Schifffahrt und langfristig auch für den Grundwasserspiegel der benachbarten Rheinauen.“ Für die Bauausführung ist die HÜLSKENS Wasserbau GmbH & Co. KG aus Wesel verantwortlich. Bei seiner Begrüßung wies der geschäftsführende Gesellschafter der Hülskens Holding GmbH & Co. KG, Werner Schaurte-Küppers, auf die lange Tradition des Bereichs Wasserbau bei Hülskens hin. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts habe der Namensgeber Gerhard Hülskens damit begonnen, den Rhein schiffbar zu machen. Das sei damals innovativ, modern und auch schon nachhaltig gewesen, um Wasserstraßen als Verkehrsweg für neu entstehende Industrien und Märkte zu nutzen. Und in der Folge zeige auch dieses aktuelle Projekt, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur aus dem Blickwinkel der Verkehrs- aber auch der Umweltpolitik sei.

Michael Wilms, Geschäftsführer Hülskens-Wasserbau: „Vereinfacht gesagt handelt sich hier um eine Erosionsstrecke. Ständig wird Material vom Grund des Flusses, der Sohle, abgetragen. Unter einer teilweise sehr dünnen Schicht Rheinkies liegen feine Sande, die großflächig weggespült werden könnten. Das wiederum würde zum Abfallen des Rheinwasserstandes führen, was drastischen Einschränkungen für den Schiffsverkehr zur Folge hätte. Zudem würde der Grundwasserspiegel rechts und links des Flusses fallen. Wir stabilisieren die Sohle dauerhaft, indem wir genau an diesen Stellen loses Material abbaggern und mit schwerem Material, sogenannten Wasserbausteinen, wieder auffüllen. An anderen Stellen, wo sich bereits tiefe Stellen, sogenannte Kolke, gebildet haben, füllen wir ebenfalls Wasserbausteine auf. Am Ende haben wir hier etwa 30 Zentimeter mehr nutzbare Wassertiefe. Je Binnenschiff können so bis zu 300 Tonnen mehr Ladung transportiert werden, das bedeutet jeweils etwa 15 LKW weniger auf den Straßen.“

Projektbeschreibung und Einzigartigkeit

Das Projekt Sohlstabilisierung Bockum-Krefeld, Rhein-Kilometer 757,70 bis 763,60 ist Teil des Projekt W27 „Abladeverbesserung und Sohlstabilisierung zwischen Duisburg und Stürzelberg“ aus dem Bundesverkehrswegeplan 2023. Das Projekt wird vom Wasser- und Schifffahrtsamt Rhein in Duisburg betreut. Begonnen wurde im Frühjahr 2022, geplant ist eine Laufzeit bis Sommer 2025. Das Projekt umfasst drei Maßnahmenbereiche:

  • Am rechten Fahrrinnenrand erfolgt die Sohlsicherung durch die Verfüllung eines Kolks mit 87 000 Tonnen Wasserbausteinen. Darüber kommen nochmal 108 500 Tonnen Kiesmaterial.
  • Am linken Fahrrinnenrand ist für das hydraulische Gleichgewicht eine Ausgleichsbaggerung nötig, konkret 11 000 Kubikmeter Material werden bewegt.
  • Für die Sohlstabilisierung werden schließlich 310 000 Kubikmeter anstehendes Sohlmaterial abgebaggert und der Bereich anschließend wieder mit 500 000 Tonnen geprüftem Wasserbausteingemisch erosionsstabil abgedeckt. Das gewonnene Sohlmaterial wird an anderer Stelle wieder als Geschiebe dem Rhein zugeführt.

Der Sohlaustausch erfolgt in drei Längsstreifen mit jeweils fünf Baufeldern, damit der Schiffsbetrieb auf dem Rhein regulär weiterlaufen kann. Im Zuge der Bauplanung ist ein ökologisches Gutachten erstellt worden, damit die Tier- und Pflanzenwelt in den angrenzenden Schutzgebieten möglichst ungestört bleibt. Hierzu werden u. a. Bautätigkeiten unterbrochen, um Laich- und Brutzeiten zu schützen. Die Bauarbeiten werden permanent von einem Peilboot begleitet, das die Sohle vermisst. Zudem überwacht das Wasser- und Schifffahrtsamt Rhein das Projekt kontinuierlich.

Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, informierte sich zunächst an Land über die Baumaßnahme und den Fortschritt des Projekts. Anschließend ging es vom Steiger Uerdingen per Bootstransfer zum Eimerkettenbagger. Während des laufenden Betriebs informierte er sich über technische Details in Gesprächen mit dem Projektleiter sowie Besatzungsmitgliedern. Anschließend stieg er „mitten auf dem Rhein“ auf ein kleineres Boot um, das ihn und Mitarbeiter des WSA sowie von Hülskens Wasserbau zu einer Klappschute brachte. Von dort aus konnte er die Ausbringung von Material im Rhein direkt miterleben. Nach gut zwei Stunden ging es dann für alle Beteiligten zurück auf festen Boden am Steiger Uerdingen.

Eimerketten-Schwimmbagger als Spezialmaschinenbau und präzise Hydroklappschuten

Für die Baumaßnahme setzt das Unternehmen Hülskens Wasserbau unterschiedliche Spezialgeräte und Schiffe ein. Zum Einsatz kommt u. a. ein Eimerketten-Schwimmbagger. Dieses Gerät baggert mittels Schaufeln (Eimern), die an einer umlaufenden Kette befestigt sind, kontinuierlich und GPS-gesteuert das Flussbett ab. Die genauen Daten erhält der Baggermeister von einem begleitenden Peilboot, das ein digitales Geländemodell des Flussbetts vor, bzw. nach dem Baggervorganng erstellt. Dieser Spezialbagger, dessen Rumpf aus dem Jahr 1970 stammt, wurde bei Hülskens Industrieservice in Wesel eigens für dieses Projekt innerhalb von 18 Monaten komplett technisch überholt. Lediglich der Rumpf und die Dieselmaschine, die mittlerweile nicht mehr als Antrieb dient, sondern Strom für die Winden, Ketten und sonstigen Verbraucher liefert, sind geblieben. „Ein solches Gerät gibt es nicht von der Stange. Überhaupt gibt es in Europa neben uns nur wenige Unternehmen, die überhaupt so etwas haben.“ erläutert Michael Wilms. Der Hülskens Eimerkettenbagger „Bagger 31“ ist gut 47 Meter lang, fast 9 Meter breit mit einem Tiefgang von ca. 1,50 Metern und hat eine Verdrängung von knapp 600 Tonnen. „Für den sogenannten Bordstrom ausserhalb des eigentlichen Baggerbetriebs, also für Beleuchtung sowie Klimaanlage, Kühlschrank etc. im Wohn- und Sozialbereich für die Besatzung , haben wir zudem eine 9 kwp Solaranlage mit einem 2 000 AH Speicher installiert. Die regenerativ produzierte Strommenge entspricht ungefähr dem Bedarf eines kleinen Einfamilienhauses.“, ergänzt Schaurte-Küppers. Dies erspart vollständig ein sonst notwendiges Stromaggregat für den Bordstrom erläutert Michael Wilms und vermeidet somit Emissionen ausserhalb des Baggerbetriebs im Liegebetrieb.

Das gewonnene Material wird direkt vom Bagger aus auf ein besonderes Binnenschiff, genauer gesagt eine Hydroklappschute, verladen. Dieses Spezialschiff kann sich längs über den Rumpf mittels einer Hydraulikanlage teilen und das Baggergut zentimetergenau im Anschluss direkt wieder über zu tiefen Stellen im Flusslauf einbauen. Ein Peilboot kontrolliert die Flusssohle per Echolot bzw. Multibeam-Vermessungssystem. Insgesamt hat Hülskens für dieses Projekt drei Klappschuten, zwei Klappleichter, ein Schubboot, ein Kranschiff, den Eimerkettenbagger Hülskens 31 und drei Frachtschiffe mit zugehörigen Schubleichtern für den Antransport der Wasserbausteine im Einsatz.

Die Hülskens Wasserbau GmbH & Co. KG gehört bundesweit zu den führenden Unternehmen der Branche. Mit einem umfangreichen Maschinenpark sowie schwimmenden Großgeräten ist das Weseler Traditionsunternehmen auf Flüssen, Kanälen, in Häfen und an Schleusen sowie Wehranlagen in ganz Deutschland aktiv. Neben den klassischen Nassbagger- und Flussbauarbeiten, dem konstruktiven Stahlwasserbau für z.B. Hafenanlagen, hat sich das Unternehmen in Teilbereichen des Wasserbaus wie dem Dükerbau, der Betontechnologie bei Deckwerksverklammerungen sowie der Gewässervermessung, auch Hydrographie genannt, mit Fachabteilungen spezialisiert. Die Gründung geht auf Gerhard Hülskens zurück, der ab Mitte des 19. Jahrhunderts damit begann, den Rhein schiffbar zu machen. Die Hülskens Wasserbau GmbH & Co. KG ist Teil des Hülskens Firmenverbands, Wesel.

 

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